Als Niederdorlaer berichten ich und andere aus unserem Heimatdorf am Mittelpunkt Deutschlands.
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“Die Letzten ihrer Art” - Interview mit den alten Recken des NCC.
Zum Kommersabend zum 60. Jubiläum des Carneval in Niederdorla 2018 waren drei Präsidenten des Niederdorlaer Carneval Clubs auf der Bühne: Jens Rauch, Ludwig Götz und Erhard Ludwig (von links nach rechts). |
Günter war aktiv von 1973 bis 1995, Siegmar von 1977 bis 2007, Hansi von 1975 bis heute und noch weiter.
Was ist der Unterschied zwischen dem Fasching heute und früher?
Siegmar Zenge: Das war eine ganz andere Zeit. Es gab die Hilfsmittel noch nicht, die es heute gibt, wie moderne Mikrofone. Die Lichtorgel haben wir per Hand geschaltet. Die Technik ist ein wichtiger Punkt beim Fasching.
“Ich trage Stiefel, keine Schuhe,
ich bitte hier im Saal um Ruhe.”
Siegmar sagt: “Ich war immer konzentriert auf vier bis fünf Nummern im Programm.” Die Texte hat er zusammen mit anderen geschrieben. Immer wieder erwähnt er Heidi Ludwig. Nach der Kirmes ging es los. Da wurde begonnen, das Programm der NCC-Spatzen vorzubereiten. Man traf sich, um Geschichten auszutauschen. Dabei wurde auch mal eine halbe Stunde auf eine Idee des anderen gewartet. Siegmar hat oft vorgearbeitet, hatte sich Texte ausgedacht und geschrieben. Von ihm kam der “Knetsch”. Heidi kannte die politischen Zusammenhänge. Deshalb kam von ihr die politische Kritik in den Texten. “In meinen war keine Politik, eher Klamauk, was zum Nachdenken.” Worüber nachdenken? Etwa über das was Siegmar als Bauer Piepenbrink zum Besten gab:
“Im Stalle standen Kühe, die hatten alle einen Namen. Die erste hieß Kuh Pernikus. Der Abstand von der ersten zur letzten Kuh war acht Meter weit, deshalb nannte ich sie Kuh Weit.”
Seit 1977 war Siegmar beim Fasching auf der Bühne, zuerst sang und spielte er im Trio. Helmut Freiboth hatte Siegmar eingeladen, weil er Schifferklavier spielen konnte. Mit dabei war Winfried Frey.
Das Trio ist nur ein Jahr jünger als der NCC. In über 60 Jahren bestand das Trio meist aus mehr als drei Musikern. Zum 60. Jubiläum des Vereins sangen sieben Recken. Rechts im Bild: Günter Szameitat. |
Immer wieder schwärmt Siegmar vom Bühnenbild Karl Neubauers. “Die Figuren und die Perspektive.” Siegmar sagte das quasi mit drei Ausrufezeichen. Er zeigte ein Foto vom Bühnenbild zum Motto FKK am Stausee mit weiblichen Personen. Alle bewunderten die Perspektive.
Siegmar erzählt: “Wenn Karl das Bühnenbild malte, standen wir immer rum und haben dumme Sprüche gemacht.” Einmal stieß Siegmar einen Farbtopf um. Im gemalten Nachttopf war ein Fleck. Karl zückte seinen Pinsel und machte aus dem Klecks einen Goldfisch im Nachttopf.
Zwischendurch funken Erinnerungen hoch: “Die Ausfahrten des Vereins waren wichtig, genauso wie das Programm”, sagt Siegmar.
Bei seinen Figuren legte Siegmar Wert darauf, nichts zweimal zu machen. Und Siegmar wollte auf der Bühne immer eine Figur sein, nicht der private Siegmar. Deshalb sprach er verschiedene Dialekte auf der Bühne.
der seinen Augen kaum noch traut,
so weit das Auge auch nur schaut,
Wichtig war ihm auch, die Büttenreden zu reimen. “Für einen guten Reim musste auch mal ein Wort wegfallen, was grammatisch wichtig wäre. Das musste ersetzt werden.”
Wie erzeugt man die Hämmer in der Rede? “Möglichst wenig Worte, bis es hinten knallt.”
Wichtig war Siegmar der Rhythmus seiner Reime.
“Der Platz zum Schreiben wird jetzt enge.
Tschüss macht´s gut, sagt Siegmar Zenge.”
Günter Szameitat fing mit dem Trio an, beim Fasching aktiv mitzumachen. Vorher war er aber schon beim Jugendfasching dabei in der “Grünen Linde”. Das war die Kneipe Ecke Hauptstraße/Sperlingstraße, die in den späten DDR-Zeiten der Schulhort war.
Die unverheiratete Dorfjugend durfte nicht mitmachen beim großen Fasching. Dort durften nur Verheiratete rein. Deshalb machte die Jugend ihren eigenen Fasching in der “Grünen Linde”. “Nur, wenn in der Schenke Große Pause war, durften wir auf den Saal”, erzählt Günter. Das war bis Anfang der 1970er-Jahre so, meinen Günter, Siegmar und Hans-Jürgen “Hansi” Böhm.
Als Günter ins Trio kam, begann er mit Helmut Freiboth, Winfried "Winnie" Frey zu spielen. Dazu trommelte Wolfgang Lange. Günter spielte Gitarre.
Günter kam zum Fasching, weil seine Frau im Damenballett getanzt hatte. Er wurde gefragt, “Was kannste? Was kannste machen?” Seine Antwort brachte Günter “automatisch” in den Verein.
Günter, Hansi und Siegmar erinnern sich noch an den “Alten Fasching''. Der sei anders gewachsen als der heutige. Auch gab es einen anderen Zusammenhalt. Da sind die drei alten Recken sich einig. “Wir sind die letzten ihrer Art.”
Günter: “Wir haben vom Verein auch mal ein Schwein geschlachtet und herrliche Kutschfahrten unternommen.” Die drei Recken geraten ins Schwärmen. “Das waren damals andere Zeiten, wir hatten nicht so viele technische Möglichkeiten.” Wichtiger sei der Enthusiasmus gewesen.
Günter nennt ein “schönes Beispiel”: Die allerersten Orden seien noch selbst gebastelt gewesen. Gerald Tischer und Helmut Freiboth waren die Kreativen. Die Orden wurden nach jedem Auftritt verliehen. Aber hinterher wieder eingesammelt. Die Kostüme seien früher selbst gestaltet worden.
Geld für die Ausrüstung wurde besorgt durch das Ausfahren von Einkellerungskartoffeln gegen Bezahlung von der LPG. [Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft]. Das hatte gut geklappt. Im Dorf ging der Spruch rum vom “Millionenclub”.
Siegmar fasst zusammen: Zum Thema “alter Fasching” und “neuer Fasching” wird wohl immer gelten, was Heidi Ludwig sagte:
“Es wird ein anderer Fasching werden, Hauptsache, es geht weiter.”
Da sind die drei alten Recken sich einig.
Zum “Alten Fasching” zählt: Bis 1975 wurde jedes Jahr ein neuer Elferrat gewählt. Der alte Elferrat schlug neue Leute vor. Danach wurde ein Verein gegründet mit Vorstand und so weiter.
Hans-Jürgen “Hansi” Böhm flog 2017 als erster Vogteier zum Mars im Auftrag des Niederdorlaer Carneval Clubs. Über 40 Jahre vorher hatten Kosmonauten des NCC bereits den Mond erobert. |
Warum macht man Fasching?
Günter: “Ich bin in die Rolle reingerutscht, weil es Spaß macht.” Und weil ihm gesagt wurde: “Wir brauchen eine Gitarre!”
Hansi: “Weil es Spaß macht und die Geselligkeit da ist. Das ist unsere Freude.”
Siegmar: “Bei mir war es reine Selbstdarstellung. Ich wollte mir beweisen, für etwas gut zu sein. Diese Bestätigung habe ich gefunden.” Das Programm wurde auf Siegmar zugeschnitten. Auf seine Pausen, die er brauchte, um sich umzuziehen.
Das Trio mit Günter sorgte nach der Pause wieder für Stimmung und holte das Publikum ins Programm zurück.
War früher das Programm besser?
Die Chöre im NCC machten Musical. Andere Vereine haben das schon früher gemacht. Deshalb haben wir das auch gemacht. Das Programm wurde schon immer jedes Jahr gesteigert. Da waren sich alle drei Recken einig.
Günter erinnert sich: “Anfangs saß der Elferrat auch auf der Bühne. Das endete, als für die Reise zum Mond der Laufsteg gebaut wurde.” Günter erinnert sich auch an den Bau der berühmten Bütt. Er hatte beruflich Zugang zu dem Fass. Das wurde in zwei Hälften gesägt. Die Hälfte ohne Loch ging zum Karnevalsverein Görmar, die Hälfte mit dem Loch kam nach Niederdorla. In das Loch kam eine rote Glühlampe. Drum herum malte Karl Neubauer das lachende Narrengesicht.” Hansi meinte: “Der Bühnenmaler wurde früher mit Bratwürsten bezahlt.”
Hansi erinnert sich weiter: In einem Jahr mussten die Büttenreden vorher beim DDR-Bürgermeister eingereicht werden. Siegmar lacht: Dabei wurde alter Stuss abgegeben. Auf der Bühne wurden andere Reden gehalten. Trotzdem gab es nie Probleme.
Nun sangen Günter, Hansi und Siegmar: “Wir wollen mal übern Zaun, nur mal schaun, ohne abzuhauen.” Das war das legendäre Lied der NCC-Spatzen. Das wurde Jahre vor der Grenzöffnung gesungen und erzeugt immer noch Gänsehaut.
Was macht den NCC aus?
Günter und Hansi: Wir haben unser Lied. Das sagt alles aus: “Wir sind alle, alle eine Familie.” Manche gehen, manche kommen dazu, aber es bleibt eine Familie.
Siegmar: “Die Geselligkeit und der dumme, dumme Knetsch.” Das letztere brüllt er auf Siegmar-Art. Und haut auf den Tisch.
Donnerwetter!
Das Interview führte Michael Zeng. Fotos: Michael Zeng
Der "Charfreitag" in der Vogtei vor 1857
Gravitätisch schreitet der Mann oder Bursche einher; ein langer, enganliegender, kurztailliger grüner oder blauer Ueberrock mit blanken Knöpfen, die dicht aneinander in zwei Reihen aufgenäht sind und mit einem stehkragenähnlichen Kragen umschließt seine Gestalt; lederne gelbliche Beinkleider reichen bis zum Knie und sind hier mit langen schmalen Riemen zusammengebunden, so daß aber noch eine Menge davon zum Herumbummeln übrig bleibt. Enge Halbstiefeln umfassen das wadenlose Bein und lassen die grauweißen Strümpfe ein Stückchen hervorsehen. Der Kopf erhebt sich zwischen dem über den Rockkragen hervorragenden, mit meist dunkel buntem Tuche unterbundenen gesteppten weißen Hemdkragen, stolz die Lampe, einen Dreimaster von ungeheuren Dimensionen, balancirend. Alte Leute kommen mit dem Stoab (Stab) angewankt, und besteht dieser aus einem Stück Latte von Zweidrittel Höhe des Trägers.
Aus der Zeitschrift DIE GARTENLAUBE, Heft 25, 1857
Grüße an die Mitwirkenden der Festschrift: 800 Jahre Ersterwähnung Niederdorlas
Körper und Stimme
leiht die Schrift dem stummen Gedanken,
Durch der Jahrhunderte Strom trägt ihn das
redende Blatt."
_Friedrich Schiller
Liebe Unterstützer der Festschrift zur 800-jährigen Ersterwähnung Niederdorlas,
ich sitze gerade unter anderem an den Grußworten, die ich entwerfen soll, kann, darf. Dabei muss ich mir vergegenwärtigen, was ich an unserer Festschrift zum Grüßen finde.
Zuerst und vor allem haben die Autorinnen und Autoren, Fotografen und Sammler und der Layouter einen herzlichen Gruß verdient. Ihr habt unglaublich viel geleistet und alles nebenbei und nebenher. Hut ab und: Donnerwetter.
Dann soll ein Dank gesendet werden an die Sponsoren, ohne die es die Festschrift als Buch nicht geben würde. Nach den Erfahrungen mit der Fertigung der Festschrift des NCC, weiß ich: Unsere Festschrift wird auch als Buch an sich etwas her machen, was seinesgleichen suchen kann, aber nicht finden wird. Philipp Unger wird wieder ein Schmuckstück schaffen.
Nun zu den inneren Werten der Festschrift: Es gab und gibt eine Unschärfe darüber, ob die Festschrift eine Chronik sei oder was gemeint sei, wenn ich immer wieder gesagt habe, die Festschrift wird ein buntes Mosaik von Themen aus Geschichte und Gegenwart, die in Niederdorla wichtig sind.
Das reißt drei Themen an, dazu drei Aussagen:
Erstens, unsere Festschrift wird auch eine Chronik sein. Sie beginnt in der Steinzeit und endet in der Gegenwart. Über jede Epoche wird berichtet. Ja, unsere Festschrift ist eine Chronik.
Zweitens, unsere Festschrift ist viele mehr als eine Chronik. Viele Autorinnen und Autoren schrieben über ihre Themen, Vereine und Interessen.
Wichtig dabei: Die Schreibenden brachten ihre eigenen Erfahrungen und Sichtweisen ein. Typische Historiker versuchen sachlich zu schreiben, was nie gelingt, nicht gelingen kann, weil sie eben Menschen sind, selbst Automaten sind typisch. Unsere Schreibenden brauchten sich nicht zu verstecken. Sie dürfen sich offen zeigen und persönlich sein. Das macht unsere Festschrift einmalig, kostbar und unvergleichlich. Mir fehlen die Worte. Wie will ich Gänsehaut beschreiben, innere Bewegung und Stolz auf unsere Festschrift und damit auch auf Niederdorla, Stolz auf die Einmaligkeit von Festschrift und Dorf. Ich danke allen Autorinnen und Autoren. Mir fehlen die Worte, manchmal finde ich keine.
Drittens: Da Vollkommenheit selbst den lieben Gott anstrengt, können auch Mängel gefunden werden an unserer Festschrift, wenn man meckern will und einige werden es wollen: Wir, die Schreibenden, konnten nicht über ALLES und JEDEN schreiben. Günter Schlaffke und ich haben versucht, möglichst viel in die Festschrift zu packen.
Es konnte nicht gelingen, alles und jeden auftauchen zu lassen. Wir retten uns in drei Erkenntnisse: „Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“ und „Man kann suchen, was man nicht hat, und sich ärgern. Man kann aber auch finden, was man hat, und sich darüber freuen“. Der begnadete Schauspieler Jack Lemmon („Manche mögen´s heiß“) sagte: „Es gibt kein Rezept für Erfolg, nur ein Rezept für Misserfolg: Es allen recht machen zu wollen.“
Die Texte unserer Festschrift zeigen: Es ist doch viel schöner, Geschichte durch Menschen zu erfahren, als durch unpersönliche Akten. Das schafft unsere Festschrift.
Was bleibt zu schreiben? Inspiriert wurde die Idee unserer Festschrift von den beiden Sendungen „Unser Dorf hat Wochenende“, bei den Niederdorlaer ihr Tun und Machen vorstellen durften und damit unser Dorf zeigten. Deshalb Grüße an Jana Herold und die vier Teams vom MDR.
Kirchenvater Augustinus sagte: „In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst. Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen.“
In allen Texten unserer Festschrift lodert die Liebe zu Niederdorla und seinen Menschen, von der Steinzeit bis heute. Unsere Festschrift wird das in die Zukunft tragen. Sie ist ein Leuchtfeuer, das bleibt.
Ich bin dankbar, dabei gewesen zu sein.
Michael Zeng
Niederdorlaer Kirchgemeinde lud zum 4. Hubertusgottesdienst mit Jagdbläsern und Falknern
Am Sonntag, dem 6. November, hatte die Niederdorlaer Kirchgemeinde zum Hubertusgottesdienst eingeladen. Die Jagdhornbläsern aus Anrode spielten. Drei Falkner und eine Falknerin kamen gern mit vier Greifvögeln. Die Kirche des zweitgrößten Vogteidorfes war gut gefüllt. Den evangelischen Gottesdienst leitete Pfarrerin Sylke Klingner. Für den Anlass engagierten sich viele Mitglieder der Kirchgemeinde.
Sieglinde Fischer-Krieg hatte das Gotteshaus festlich geschmückt. „Sehr sehr schön“, fand der Leiter der Jagdhornbläser Peter Fruntke die Dekoration aus Nadelzweigen, Kerzen und Geweihen. Er konnte sich nicht sattsehen. Für ihr Engagement bekam Fischer-Krieg auch Applaus von den Besuchern des Gottesdienstes.
Zwanzig Musikerinnen und Musiker mit ihren Jagdhörnern erzeugten eine besondere musikalische Wucht. „Gänsehaut“, beschrieb Pfarrerin Klingner das. Und der Leiter der Jagdhornbläser sagte: „Das kannste nicht erzählen, das musste erleben.“
Gänsehaut sprießte auch, als die mehrheitlich katholischen Gäste gemeinsam mit den mehrheitlich evangelischen Besuchern das Glaubensbekenntnis sprachen und das Vaterunser beteten.
Die Falkner hatten vier Greifvögel dabei. Ute und Olaf Ehrich hielten einen Wüstenbussard und einen Sakerfalken. Joachim Müller kam mit einem Steinadler und einem Falken. Den trug Matthias Fritsch aus Niederdorla.
Den Falken nahm Pfarrerin Klingner auf die Faust im Lederhandschuh. So begrüßte sie die Gäste. Stolz trug Klingner das Tier herum. Der Vogel trug eine Maske, die in blind machte. So blieb er ruhig sitzen. Mit dem Falken auf der Faust sagte die Pfarrerin das erste Lied an: “Himmel und Erde, Luft und Meer”, die Nummer 504 im evangelischen Gesangbuch. Jens Hochheim las aus dem 12. Kapitel des Markusevangeliums.
Die Pfarrerin predigte, was Jäger und Christen verbindet: Bei beiden spielt die Kanzel eine Rolle. Die Jäger nutzen ihre Kanzel als Hochsitz für die Jagd, in der Kirche wird von der Kanzel gepredigt. Beide Orte können Weitsicht vermitteln, meinte Klingner.
Dann erzählte die Pfarrerin die Legende vom Heiligen Hubertus. An der Wende vom 7. zum 8. Jahrhundert lebte Hubertus als Graf im heutigen Belgien. Er verlor früh seine Frau und sein Kind. Darüber war er wütend und grämte sich sehr. Aus Kummer und Wut wurde Hubertus ein wilder Jäger. Seine Wut über seinen Verlust ließ er an den Tieren aus. Als er einen gewaltigen Hirsch erlegen wollte, erschien zwischen dessen Geweih ein strahlendes christliches Kreuz. Eine Stimme fragte aus dem hellen Schein: “Warum verfolgst Du mich?”
“Hubertus änderte sein Leben”, erzählte Pfarrerin Klingner. Der Wütende hörte auf, um sich selbst zu kreisen. Er fragte sich bei allem: “ Was tue ich eigentlich?” Er wurde zum christlichen Schutzpatron der Jagd und aller Berufe, die damit zu tun haben. Hubertus starb 727 als Bischof von Lüttich. Aus der Hubertus-Legende folgerte Pfarrerin Klingner: “Wer als Mensch in Gottes Ordnung eingreift, muss sich immer fragen: Wem nützt es?”
Pfarrerin und Kirchenratsmitglieder brachten die Fürbitten vor. So bat die Pfarrerin für den sorgsamen Umgang mit den Gaben der Natur. Sabine Muder bat für den Wald, den die Menschen als achtsame Gäste betreten sollten. Lutz Großkopf bat für Gärtner und Bauern. Jens Hochheim hielt Fürbitte für verstorbene Waidkameraden.
Sieglinde Fischer-Kriegs bat für Jägerinnen, Jäger, Falkner und deren Helfer. Die Jägerin engagiert sich für das Verständnis für die Aufgaben der Jagd.
Sieglinde Fischer-Krieg ist eine Jägerin. Für sie ist der Hubertus-Gottesdienst das Erntedankfest der Jäger. Das Jagdwesen hilft laut Fischer-Krieg, den Tierbestand unseres Waldes gesund und vielfältig zu halten. Wichtig war für sie, dass Jägerinnen und Jäger eine staatliche Prüfung ablegen müssen, ehe sie jagen dürfen.
Nach dem Gottesdienst waren die Bläser und Falkner eingeladen zum gemütlichen Beisammensein. Für das leibliche Wohl hatte die Kirchgemeinde gesorgt, es gab Spezialitäten vom Wild. Das gefiel allen. Es gab Zeit zum Plaudern: Die Falkner wurden gefragt, wie stark die Bindung ist zwischen Mensch und Greifvogel? Wie zwischen Mensch und Hund? Falkner Olaf Ehrich antwortete: “Vom Menschen aus ist die Prägung wie auf einen Hund. Für den Vogel nicht. Der Mensch ist für den Vogel nur der Träger zur Jagd.”
Der Leiter der Jagdhornbläser, Peter Fruntke, fasste den Abend zusammen: Er dankte für den Gottesdienst, dankte der Kirchgemeinde, Sieglinde Fischer-Krieg und der Pfarrerin für “die Worte, die man mitnehmen kann”.
Michael Zeng