Reise in die Römerzeit

Das Römerfest 2023 war wieder eine Zeitreise. Stellen Sie sich vor, Sie steigen in eine Zeitmaschine und landen im 3. Jahrhundert nach Christus im Römischen Reich, etwa da, wo heute Südwestdeutschland liegt.

Sie parken die Zeitmaschine und steigen aus. Sie tragen Kleidung, die nicht auffällt, und besuchen einen Markt, so wie den Römermarkt am Opfermoor. Römische und germanische Händler und Handwerker bieten ihre Waren und Dienstleistungen an. Grob eingeteilt: Die Römer tragen keine Hosen unter ihren Tuniken, die Germanen tragen Hosen unter Ihren langen Hemden.
Das Römische Weltreich stützte sich auf seine Legionäre. Foto: Autor
Das Römische Weltreich stützte sich auf seine Legionäre. Foto: Autor
Plötzlich tauchen römische Soldaten auf, eine Gruppe nur, gerüstet aber locker. Die Legionäre besuchen auch einfach nur den Markt. Sie wollen Wein trinken, lecker essen, Gerüchte erfahren, sich vergnügen, ein Schmuckstück für die Liebste kaufen, vielleicht auch ein neues Taschenmesser. Die Soldaten wollen Tee gegen Halsweh finden oder bestimmten Tee, wenn die Liebste zu Besuch kommt. Oder Räucherwerk gegen böse Geister, wenn die Schwiegermutter mitkommt. 
Für Kräuterfrau Ines Welsch ist für oder gegen alles ein Kraut gewachsen. Foto: Autor
Für Kräuterfrau Ines Welsch ist für oder gegen alles ein Kraut gewachsen. Foto: Autor
Am Weinstand erfuhren die “Legionäre auf Ausgang” den neuesten Tratsch aus Rom: Da soll doch ein Weinhändler eine riesige Villa gebaut haben. Dann stellte sich heraus, das Geld hatte er, weil er griechischen Wein heimlich verdünnt hatte. Die Weinhändler erzählten das.
Gladiator kämpft gegen Gladiatrix, einen weiblichen Gladiator. Beide kämpfen in der Ausrüstung eines Provokators. Diese Stellen in der Arena römische Legionäre dar. Foto: Autor
Gladiator kämpft gegen Gladiatrix, einen weiblichen Gladiator. Beide kämpfen in der Ausrüstung eines Provokators. Diese stellen in der Arena römische Legionäre dar. Foto: Autor
Die Legionäre würfelten und wetteten auf Gladiatoren. Die Legionäre mochten den Provocator-Typ. Der verkörpert bei den Spielen den Legionär, der gegen exotische Bewaffnete kämpfen musste. Natürlich setzten die Legionäre meist auf den Provocator. Neugierig beäugt und bewertet wurde die Gladiatrix, eine Gladiatorin, die ebenfalls meist als Provocator auftrat. Das fanden die Legionäre sexy. 

Legionäre sind im 3. Jahrhundert was Besonderes. Sie stützen den Staat. Zu Beginn der römischen Geschichte war das römische Heer eine Bürgermiliz, die bei Bedarf zusammengerufen wurde. Eine Bürgerwehr ist gut zur Verteidigung der Heimat, aber nicht so gut geeignet für Angriff und Eroberung. 

Nach der Reform des Marius (158/157 bis 86 vor Christus) wurde das römische Heer eine Berufsarmee. Die Legionäre standen das ganze Jahr lang uneingeschränkt zur Verfügung und konnten marschieren, wohin auch immer. Sie hatten Zeit, Waffen und Disziplin, um zu erobern und zurechtkommen, ohne ständig an Heim und Hof zu denken. Außerdem können Legionäre täglich trainieren, taktische Formationen üben, sich weiterbilden und sich um ihre Ausrüstung kümmern. 

Das Römische Reich wurde immer größer. Um Grenzen zu verteidigen und um eroberte Gebiete dauerhaft zu sichern, wurden dort immer mehrere Legionen stationiert. Das Militär etablierte sich am Ort in stark befestigten Kastellen. Legionen waren militärische Einheiten mit mehreren tausend Legionären, Hilfstruppen und Tross. Im Tross zogen Händler, Dienstleister und die Familien der Legionäre. Zum Römermarkt 2023 dabei war auch wieder ein Krieger der Hilfstruppen.

Gleichzeitig zu dieser Entwicklung änderte sich die Regierung des Römischen Reiches: Seit Caesar ging die reale Macht des Senats zurück. Formal regierte immer noch der Senat, der eine Versammlung war der Superreichen und der hohen Adligen. Aber wo es langgeht, sagte eigentlich ein „Princeps inter pares“, ein Erster unter Gleichen. Weil Caesar quasi der erste dieser Prinzipes war, wurde sein Name zur Bezeichnung: Kaiser, weil Caesar von den Römern wie Ka-e-zar ausgesprochen wurde. Eingeführt hat das Prinzipat Octavian Augustus als Nachfolger von Caesar. Es gab keinen gesetzlichen Kaiser, sondern der Prinzeps musste sich persönlich im Senat durchsetzen. Im 3. Jahrhundert gelang es immer weniger Prinzipes, als allgemein anerkannter Kaiser zu agieren.

Jetzt kommt das Militär ins Spiel: Die Legionen wählen im 3. Jahrhundert sehr oft die römischen Kaiser, die sogenannten Soldatenkaiser, von 235 bis 284 nach Christus. Das Leben der Soldatenkaiser war kompliziert. Ihre Autorität war direkt abhängig von ihren Erfolgen. Wenn ein anderer Offizier mehr Erfolg hatte, wurde der von den Soldaten zum Kaiser gemacht. Soldatenkaiser starben kaum an Altersschwäche.

Die hohen Ämter unter dem Kaiser waren für Senatoren reserviert. Viele Senatoren rümpften die Nase über die Emporkömmlinge aus dem Militär und stellten sich quer.

Erst gegen Ende des 3. Jahrhunderts nach Christi kamen wieder Männer als Kaiser an die Macht, die auch die zivile Bedeutung ihres Amtes hatten. Aus dem Prinzeps wurde der Kaiser im späteren Sinne, so wie wir uns das heute vorstellen. Diese Ära begann 284 nach Christus mit dem Regierungsantritt von Kaiser Diocletian.

Zum Römermarkt am Opfermoor konnte man diese Geschichte hautnah und authentisch erfahren. Wer wollte, plauderte mit den Händlern und Handwerkern über die römische Geschichte. Es gab viel zu erfahren. Am meisten erfahren kann man am Ort vom Vogteier Matthias Stollberg. Er hat viel Wissen aus Büchern und hat vor allem als Archäologe historische Gegenstände in der Hand gehabt. Er reiste wirklich durch die Zeit.

Michael Zeng