Wertvolles historisches Gerichtsbuch an Kreisarchiv überreicht

Der Vorsitzende des Geschichtsvereins Schlotheim Helge Görl (rechts) überreicht dem Kreisarchviar Michael Zeng ein historisches Gerichtsbuch aus der Seilerstadt. Foto: Kreisarchiv.

Ein wertvolles historisches Gerichtsbuch überreichte der Geschichtsverein Schlotheim dem Kreisarchiv des Unstrut-Hainich-Kreises. Der Vorsitzende des Vereins Helge Görl gab das Buch in die Hände von Kreisarchivar Michael Zeng. „Das Buch gehört hierher“, sagte Vereinsmitglied Frank Blaß. Er weiß: „Im Kreisarchiv wird das Buch gut verwahrt, ist sicher und geht nicht kaputt“. Dafür sorgen Michael Zeng und Ute Helbing im Archiv.

Das Kreisarchiv übernimmt die Rolle des historischen Archivs der Seilerstadt. Das öffentliche Archiv gehört zur Kreisverwaltung. Es betreut 37 laufende Meter historische Archivalien aus Schlotheim. Dazu kommen über 11 laufende Meter historische Unterlagen des Standesamtes der Gemeinde Nottertal-Heilinger Höhen, zu der Schlotheim gehört.

Das Gerichtsbuch enthält juristische und notarielle Aufzeichnungen zwischen 1724 und 1850. Geführt hat das Buch das „Hopffgartschen Patrimonialgericht der Herrschaft Schlotheim mit Mehrstedt und Marolterode“. Die Herren von Hopffgarten waren von 1393 an die Stadtherren von Schlotheim. Sie hatten auch die Aufsicht über Justiz und Notariat. Die Seilerstadt und Dörfer der Umgebung gehörten zum Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt. 

Die Einträge im Gerichtsbuch enthalten eine Fülle von direkten und indirekten Infos. „So von 1844 die Verpflichtung von Bürgern zum Dienst an der Schlauchspritze zur Feuerbekämpfung“, erzählt Annelie Kolar vom Geschichtsverein. Helge Görl, der Vorsitzende des Vereins, ergänzt: „Im Buch werden auch die Orte genannt, wo Rechtsfälle stattfanden. Das sind wertvolle Hinweise auf historische Gebäude.“ Frank Blaß betont: „Die Vormundschaftssachen enthalten Namen, die es heute noch in Schlotheim gibt“. Die drei Seilerstädter kamen zur feierlichen Übergabe des Buches ins Kreisarchiv.

Im Jahr 1277 bekam Schlotheim das Stadtrecht verliehen. Das Gerichtsbuch informiert über 126 Jahre, in denen Schlotheim sich entwickelte. Der Weg der Stadt führte durch Siebenjährigen Krieg und napoleonische Kriege sowie durch die Wirren und Fortschritte der Revolution von 1848. „In den 126 Jahren des Gerichtsbuches fand Schlotheim vom rechtlichen Mittelalter in die Neuzeit“, meint Kreisarchivar Zeng, der auch Historiker ist. Er lädt ein, im Archiv direkt an den Quellen die Geschichte zu entdecken.

In lockerer Atmosphäre sprachen die Gäste und das Team des Archivs über gemeinsame vergangene und künftige Projekte. Der Kreisarchivar informierte über den gesetzlichen Auftrag eines öffentlichen Archivs bei der Bewahrung und Erforschung von Geschichte. 

Vor 9 Jahren: Vogtei gewann MDR-Sommermärchen

Der MDR filmte von einem Kran aus. Der Fotograf durfte auch mal hoch. Foto: Michael Zeng
Der MDR filmte von einem Kran aus. Der Fotograf durfte auch mal hoch. Foto: Michael Zeng
Die Vogtei hat das MDR-Sommermärchen 2014 gewonnen. Am Freitag, dem 28. August, um 17.10 Uhr endete die Frist, in der für Niederdorla gestimmt werden konnte. Die Abstimmung lief per Telefon und auf der Webseite vom Mitteldeutschem Rundfunk (MDR). Gegen die Vogtei traten an die Städte Bittefeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt und Boxberg in Sachsen. Das hieß 52.292 Sachsen-Anhaltiner und Sachsen standen gegen 4.427 Vogteier: Verhältnis etwa zwölf zu eins.

Niederdorla800.de: Über 45 einzelne Veranstaltungen zur 800-jährigen ...

Niederdorla800.de: Über 45 einzelne Veranstaltungen zur 800-jährigen ...:  Dieser Text möchte berichten über die 11-tägige Festwoche zur Feier der 800-jährigen Ersterwähnung von Niederdorla als „inferior Dorla“ im ...

Reise in die Römerzeit

Das Römerfest 2023 war wieder eine Zeitreise. Stellen Sie sich vor, Sie steigen in eine Zeitmaschine und landen im 3. Jahrhundert nach Christus im Römischen Reich, etwa da, wo heute Südwestdeutschland liegt.

70 Kinder rannten für guten Zweck

Am Spendenlauf für das Kinder-Hospiz und die Sportvereine aus Langula und Oberdorla nahmen 70 Kinder teil.

Die Kinder liefen eine halbe Stunde lang eine Strecke von 600 Metern. Je Runde gab es ein Gummiband. Die Bänder werden an Sponsoren und Spender "verkauft". Vier Kinder schafften 15 Runden. 

Das Fazit: "Das war cool und die Kinder waren gut drauf und total motiviert", sagte Romy Dierich vom Sportverein 1883 Langula. 

Hinterher gab's Kaffee und Kuchen von der Volkssolidarität. 

Viele Eltern und andere Menschen halfen und unterstützten..

Uralt doch immer wieder jung und schön: Das dritte große Platzmeistertreffen in Niederdorla

Ein Mühlhäuser Gymnasiallehrer sagte mir: „In Niederdorla ist es immer so schön, da freuen sich alle auf die Feste, die Jungen und die Alten.“

Die freuen sich nicht nur zusammen, die feiern auch zusammen. Denn sie wissen, Alt und Jung sind verbunden durch ihr Dorf und durch alte Traditionen. So ist die „Rechnung“ zu Pfingsten und zu Kirmes uralt und zugleich immer wieder jung. Und weil immer wieder junge Frauen mitmachen, ist die Rechnung auch noch ewig schön.

Gelebt wurde all das wieder zum dritten Großen Platzmeistertreffen in Niederdorla zu Pfingsten 2023, dem Jahr, in dem Niederdorla vor 800 Jahren erstmals schriftlich erwähnt wurde. 

Zum großen Umzug der Platzmeister und Ehrendamen Pfingstsonntag, dem 28. Mai, marschierten 52 ehemalige Platzmeister mit ihren Ehrendamen vom Mühltor bis zum Anger. Das älteste Paar waren Bernhard Muder und Ehefrau Brigitte. Beide leiteten 1958 die Rechnung.
Richard Görmar und Henrik Laun waren die diesjährigen Platzmeister. Sie führten mit ihren Ehrendamen Vanessa von den Eicken und Aileen Heiligers in diesem Jahr 14 Rechnungspaare am Schluss des Umzugs. In Niederdorla waren es mehr Burschen als Mädchen. In den beiden anderen Vogteidörfern sind es immer mehr Frauen, erzählt man sich.

Das Platzmeisterpaar der Kinderrechnung 2023 waren Felix Abe und Klara Stollberg. 
Der älteste Burschen-Platzmeister Günter Schill amtierte 1957. Er war beim Umzug nicht mit dabei, aber viele dachten an Günter. Er wurde mehrfach öffentlich erwähnt. Der zweitälteste Platzmeister war Hans-Martin Laun.

Das Platzmeistertreffen begann am Pfingstfreitag mit einem Kommersabend. Hannes Hochheim und Eberhard Schill erinnerten an die Geschichte der Platzmeistertreffen:

Das erste fand 2008 statt. Damals gab es keine aktive Rechnung. „Das hat gewurmt“, erinnerte sich Eberhard. Da taten sich aktive Leute im Dorf zusammen und organisierten ein Platzmeistertreffen mit Gastronomie auf dem Anger. Eine so große Präsenz von Geschichte und Gegenwart brachte die Rechnung für die Zukunft wieder in Schwung. 2011 waren es wieder sieben Paare zur Rechnung. Und auch die Idee der Platzmeistertreffen war in der Welt. Im Jahr 2018 folgte das nächste Treffen in Niederdorla.

Die Platzmeister und Ehrendamen des Neuanfangs 2011 waren Patrick Halfpap mit Ehrendame Julia Hartung sowie André Martin mit Ehrendame Anika Pohl.

Und noch etwas kam in Schwung: Die Rechnung wird immer mehr eine Sache des ganzen Dorfes. So halfen in diesem Jahr viele Handwerker und Interessierte aus dem Dorf mit, die Toiletten auf dem Anger fertig zu bekommen. Pfingsten als Ziel wurde erreicht. Alle beteiligten Handwerker wurden auf dem Anger genannt. Es gab großen Applaus. 

Vielleicht beginnt nun ein weiterer Schritt der Verbindung von Rechnung und Dorf, wegen dem unglücklichen und doch glücklichen Aufstellen der Mega-Maie. Sie war ursprünglich 26 Meter hoch. Vielleicht wird das Aufstellen der Maie künftig eine Sache des ganzen Dorfes. So hat es diesmal geklappt und so kann es künftig klappen. Gerade weil sich die Rechnung entwickelt und anpasst, bleibt sie immer jung und eine Angelegenheit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wegen des Platzmeistertreffens waren auch die Alten und viele ehemalige Platzmeister mit im Wald, insgesamt saßen 60 Männer auf den Kremsern.
Zum Kommersabend war das Holen und Aufstellen der Maie noch Zukunft. Es ging um Gegenwart und Vergangenheit. I-evelise (Eberhard Schill) und Kamerten (Hartmut Götz) verlasen die Kirmespredigt von 1974. Ereignisse waren: Der Plan am Stausee einen FKK-Strand einzurichten, das Fußballspiel DDR gegen „Bonn“ mit gemeinsamem Fernsehkucken in der Schenke, die „wackelte“. Und ein Mann wollte lieber in die Kneipe, statt Kirschen zu pflücken, also sägte er den Baum um. Auch wurde sich 1974 bereits über Heyerode amüsiert. Geschrieben hatten die Predigt Inge Götz und Heidi Muder.

Als nächstes kam der Stargast aus Langula: Gerd Gräbedünkel als ewiger Kamerten. Er kündigte sich selbst an als „Gelegenheit, einen echten Klingelarsch zu sehen“. Das brachte ihm den ersten Applaus. Staunend lernten die Frösche: Der beste Liebhaber aller Zeit sei Ötzi. Der sei 5000 Jahre in der Spalte gewesen und immer noch hart. Es folgte unter anderem die rhetorische Frage, was Jesus und Casanova unterscheide? „Der Gesichtsausdruck beim Nageln“, antwortete das lyrische Ich aus Langula. 

Nun kamen I-evelise als Oliver Laufer und Hannes Hochheim als Kamerten. Sie tauschten sich aus über die 800-Jahrfeier und die Geschichte Niederdorlas: “Mey sulln verkinde, ej sullts olle hiere: dos schinnste Dorf uff Arden derf Geburtsdoag gefiere!”

Außerdem waren I-evelise Laufer und Kamerten Hochheim mit den drei Vogteiern in Wien. 

Die drei Vogteier, die 1785/86 nach Wien liefen, waren Simon Breitbarth aus Oberdorla als Leiter der Vogteier Bittgesandtschaft, Johann Adam Herbst aus Niederdorla und Andreas Winterberg aus Langula. Die drei wollten den Kaiser bitten, ihre Belastungen, Steuern, Abgaben usw. zu senken. Pfingsten 2023 wurde das Geheimnis gelüftet: I-evelise und Kamerten waren mit dabei. Donnerwetter!

Patrick Halfpap, Florian Schneegaß wurden ausgezeichnet, weil beide jeweils drei Mal Platzmeister waren. Sie durften drei der großen Buttons tragen, die an die ehemaligen Platzmeister verliehen wurden, je Amtszeit. 

Den schönen Abschluss des Abends bekamen Viola Koppe und Uwe Kleinschmidt. Das Geschwisterpaar gaben I-evelise und Kamerten von 2003: Das lustigste Ereignis: Ein Niederdorlaer Geschäftsmann fuhr aus Versehen eine Woche zu früh in den Urlaub. 

Einen schönen Urlaub wünscht auch der Autor dieses Textes allen Leserinnen und Lesern.

Von Hannes Hochheim soll ausgerichtet werden: “Die Gruppenbilder vom Sonntag sowie Bilder vom Festumzug hängen im Schaufenster der Bäckerei-Filiale Henning in Niederdorla aus und können auf Wunsch bestellt werden. Alle Informationen dazu sind ebenfalls im Schaufenster ersichtlich.”

Michael Zeng
NiederdorlaER.de



“Die Letzten ihrer Art” - Interview mit den alten Recken des NCC.

"Möglichst wenig Worte bis es hinten knallt." _Siegmar Zenge 

Zum Komerschabend zum 60. Jubiläum des Carneval in Niederdorla 2018 waren drei Präsidenten des Niederdorlaer Carneval Clubs auf der Bühne: Jens Rauch, Ludwig Götz und Erhard Ludwig (von links nach rechts).
Zum Kommersabend zum 60. Jubiläum des Carneval in Niederdorla 2018 waren drei Präsidenten des Niederdorlaer Carneval Clubs auf der Bühne: Jens Rauch, Ludwig Götz und Erhard Ludwig (von links nach rechts).

Am Sonntag, dem 4. Dezember 2022, trafen sich drei alte Recken des Niederdorlaer Carneval Club (NCC) mit dem Autoren dieses Textes zum Interview über die alten Zeiten. Mit dabei waren Siegmar Zenge, Günter Szameitat und Hans-Jürgen “Hansi” Böhm.


Günter war aktiv von 1973 bis 1995, Siegmar von 1977 bis 2007, Hansi von 1975 bis heute und noch weiter.


Was ist der Unterschied zwischen dem Fasching heute und früher?


Siegmar Zenge: Das war eine ganz andere Zeit. Es gab die Hilfsmittel noch nicht, die es heute gibt, wie moderne Mikrofone. Die Lichtorgel haben wir per Hand geschaltet. Die Technik ist ein wichtiger Punkt beim Fasching.


“Ich trage Stiefel, keine Schuhe,

ich bitte hier im Saal um Ruhe.”


Siegmar sagt: “Ich war immer konzentriert auf vier bis fünf Nummern im Programm.” Die Texte hat er zusammen mit anderen geschrieben. Immer wieder erwähnt er Heidi Ludwig. Nach der Kirmes ging es los. Da wurde begonnen, das Programm der NCC-Spatzen vorzubereiten. Man traf sich, um Geschichten auszutauschen. Dabei wurde auch mal eine halbe Stunde auf eine Idee des anderen gewartet. Siegmar hat oft vorgearbeitet, hatte sich Texte ausgedacht und geschrieben. Von ihm kam der “Knetsch”. Heidi kannte die politischen Zusammenhänge. Deshalb kam von ihr die politische Kritik in den Texten. “In meinen war keine Politik, eher Klamauk, was zum Nachdenken.” Worüber nachdenken? Etwa über das was Siegmar als Bauer Piepenbrink zum Besten gab:


“Im Stalle standen Kühe, die hatten alle einen Namen. Die erste hieß Kuh Pernikus. Der Abstand von der ersten zur letzten Kuh war acht Meter weit, deshalb nannte ich sie Kuh Weit.”


Seit 1977 war Siegmar beim Fasching auf der Bühne, zuerst sang und spielte er im Trio. Helmut Freiboth hatte Siegmar eingeladen, weil er Schifferklavier spielen konnte. Mit dabei war Winfried Frey.


Das Trio ist nur ein Jahr jünger als der NCC. In den über 60 Jahren bestand das Trio meist aus mehr als drei Musikern. Zum 60. Jubiläum des Vereins sangen sieben Recken. Rechts im Bild: Günter Szameitat.
Das Trio ist nur ein Jahr jünger als der NCC. In über 60 Jahren bestand das Trio meist aus mehr als drei Musikern. Zum 60. Jubiläum des Vereins sangen sieben Recken. Rechts im Bild: Günter Szameitat. 

Immer wieder schwärmt Siegmar vom Bühnenbild Karl Neubauers. “Die Figuren und die Perspektive.” Siegmar sagte das quasi mit drei Ausrufezeichen. Er zeigte ein Foto vom Bühnenbild zum Motto FKK am Stausee mit weiblichen Personen. Alle bewunderten die Perspektive. 


Siegmar erzählt: “Wenn Karl das Bühnenbild malte, standen wir immer rum und haben dumme Sprüche gemacht.”  Einmal stieß Siegmar einen Farbtopf um. Im gemalten Nachttopf war ein Fleck. Karl zückte seinen Pinsel und machte aus dem Klecks einen Goldfisch im Nachttopf. 


Zwischendurch funken Erinnerungen hoch: “Die Ausfahrten des Vereins waren wichtig, genauso wie das Programm”, sagt Siegmar. 

Bei seinen Figuren legte Siegmar Wert darauf, nichts zweimal zu machen. Und Siegmar wollte auf der Bühne immer eine Figur sein, nicht der private Siegmar. Deshalb sprach er verschiedene Dialekte auf der Bühne.


“Wer mal in meinen Garten schaut,
der seinen Augen kaum noch traut,
so weit das Auge auch nur schaut,
hat Siegmar Knoblauch angebaut.”

Wichtig war ihm auch, die Büttenreden zu reimen. “Für einen guten Reim musste auch mal ein Wort wegfallen, was grammatisch wichtig wäre. Das musste ersetzt werden.”

Wie erzeugt man die Hämmer in der Rede? “Möglichst wenig Worte, bis es hinten knallt.” 

Wichtig war Siegmar der Rhythmus seiner Reime.


“Der Platz zum Schreiben wird jetzt enge.
Tschüss macht´s gut, sagt Siegmar Zenge.”

Zum 60. Jubiläum des Carneval in Niederdorla gab Siegmar Zenge wieder die Sieglinde. Während seines Auftritts hätte man eine Stecknadel fallen hören. Alle wollten hören, was er sagte. Sichtlich ihren Spaß hatten vor dem Auftritt “Sieglinde” und Ulrich "Ulli" Schill, der ebenso legendäre Finanzminister des NCC.
Zum 60. Jubiläum des Carneval in Niederdorla gab Siegmar Zenge wieder die Sieglinde. Während seines Auftritts hätte man eine Stecknadel fallen hören. Alle wollten mitbekommen, was er sagte. In der Gaststube ihren Spaß hatten “Sieglinde” und Ulrich "Ulli" Schill, der ebenso legendäre Finanzminister des NCC, der traditionell auch das Tor für den Einmarsch öffnet.

Günter Szameitat fing mit dem Trio an, beim Fasching aktiv mitzumachen. Vorher war er aber schon beim Jugendfasching dabei in der “Grünen Linde”. Das war die Kneipe Ecke Hauptstraße/Sperlingstraße, die in den späten DDR-Zeiten der Schulhort war.


Die unverheiratete Dorfjugend durfte nicht mitmachen beim großen Fasching. Dort durften nur Verheiratete rein. Deshalb machte die Jugend ihren eigenen Fasching in der “Grünen Linde”. “Nur, wenn in der Schenke Große Pause war, durften wir auf den Saal”, erzählt Günter. Das war bis Anfang der 1970er-Jahre so, meinen Günter, Siegmar und Hans-Jürgen “Hansi” Böhm.


Als Günter ins Trio kam, begann er mit Helmut Freiboth, Winfried "Winnie" Frey zu spielen. Dazu trommelte Wolfgang Lange. Günter spielte Gitarre. 


Günter kam zum Fasching, weil seine Frau im Damenballett getanzt hatte. Er wurde gefragt, “Was kannste? Was kannste machen?” Seine Antwort brachte Günter “automatisch” in den Verein.


Günter, Hansi und Siegmar erinnern sich noch an den “Alten Fasching''. Der sei anders gewachsen als der heutige. Auch gab es einen anderen Zusammenhalt. Da sind die drei alten Recken sich einig. “Wir sind die letzten ihrer Art.”


Günter: “Wir haben vom Verein auch mal ein Schwein geschlachtet und herrliche Kutschfahrten unternommen.” Die drei Recken geraten ins Schwärmen. “Das waren damals andere Zeiten, wir hatten nicht so viele technische Möglichkeiten.” Wichtiger sei der Enthusiasmus gewesen.


Günter nennt ein “schönes Beispiel”: Die allerersten Orden seien noch selbst gebastelt gewesen. Gerald Tischer und Helmut Freiboth waren die Kreativen. Die Orden wurden nach jedem Auftritt verliehen. Aber hinterher wieder eingesammelt. Die Kostüme seien früher selbst gestaltet worden.


Geld für die Ausrüstung wurde besorgt durch das Ausfahren von Einkellerungskartoffeln gegen Bezahlung von der LPG. [Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft]. Das hatte gut geklappt. Im Dorf ging der Spruch rum vom “Millionenclub”.


Siegmar fasst zusammen: Zum Thema “alter Fasching” und “neuer Fasching” wird wohl immer gelten, was Heidi Ludwig sagte:


“Es wird ein anderer Fasching werden, Hauptsache, es geht weiter.”


Da sind die drei alten Recken sich einig.


Zum “Alten Fasching” zählt: Bis 1975 wurde jedes Jahr ein neuer Elferrat gewählt. Der alte Elferrat schlug neue Leute vor. Danach wurde ein Verein gegründet mit Vorstand und so weiter.


Hans-Jürgen “Hansi” Böhm flog 2017 als erster Vogteier zum Mars im Auftrag des Niederdorlaer Carneval Clubs.
Hans-Jürgen “Hansi” Böhm flog 2017 als erster Vogteier zum Mars im Auftrag des Niederdorlaer Carneval Clubs. Über 40 Jahre vorher hatten Kosmonauten des NCC bereits den Mond erobert.

Warum macht man Fasching?


Günter: “Ich bin in die Rolle reingerutscht, weil es Spaß macht.” Und weil ihm gesagt wurde: “Wir brauchen eine Gitarre!”

Hansi: “Weil es Spaß macht und die Geselligkeit da ist. Das ist unsere Freude.”

Siegmar: “Bei mir war es reine Selbstdarstellung. Ich wollte mir beweisen, für etwas gut zu sein. Diese Bestätigung habe ich gefunden.” Das Programm wurde auf Siegmar zugeschnitten. Auf seine Pausen, die er brauchte, um sich umzuziehen. 


Das Trio mit Günter sorgte nach der Pause wieder für Stimmung und holte das Publikum ins Programm zurück. 


War früher das Programm besser?


Die Chöre im NCC machten Musical. Andere Vereine haben das schon früher gemacht. Deshalb haben wir das auch gemacht. Das Programm wurde schon immer jedes Jahr gesteigert. Da waren sich alle drei Recken einig. 


Günter erinnert sich: “Anfangs saß der Elferrat auch auf der Bühne. Das endete, als für die Reise zum Mond der Laufsteg gebaut wurde.” Günter erinnert sich auch an den Bau der berühmten Bütt. Er hatte beruflich Zugang zu dem Fass. Das wurde in zwei Hälften gesägt. Die Hälfte ohne Loch ging zum Karnevalsverein Görmar, die Hälfte mit dem Loch kam nach Niederdorla. In das Loch kam eine rote Glühlampe. Drum herum malte Karl Neubauer das lachende Narrengesicht.” Hansi meinte: “Der Bühnenmaler wurde früher mit Bratwürsten bezahlt.” 


Hansi erinnert sich weiter: In einem Jahr mussten die Büttenreden vorher beim DDR-Bürgermeister eingereicht werden. Siegmar lacht: Dabei wurde alter Stuss abgegeben. Auf der Bühne wurden andere Reden gehalten. Trotzdem gab es nie Probleme.


Nun sangen Günter, Hansi und Siegmar: “Wir wollen mal übern Zaun, nur mal schaun, ohne abzuhauen.” Das war das legendäre Lied der NCC-Spatzen. Das wurde Jahre vor der Grenzöffnung gesungen und erzeugt immer noch Gänsehaut. 


Was macht den NCC aus?


Günter und Hansi: Wir haben unser Lied. Das sagt alles aus: “Wir sind alle, alle eine Familie.” Manche gehen, manche kommen dazu, aber es bleibt eine Familie. 

Siegmar: “Die Geselligkeit und der dumme, dumme Knetsch.” Das letztere brüllt er auf Siegmar-Art. Und haut auf den Tisch.


Donnerwetter!


Das Interview führte Michael Zeng. Fotos: Michael Zeng



www.NiederdorlaER.de

Der "Charfreitag" in der Vogtei vor 1857

Eine feierliche Stille herrscht durch das ganze Dorf, kaum sieht man ein altes Mütterchen hinter dem Fenster stehen und vorlugen; Alles, was gehen kann, ist in der Kirche; die Einsegnung der Confirmanden und der Genuß des Abendmahls hat die Bewohner dahin gerufen. Jetzt ist die Kirche aus, die Thüre öffnet sich. Kommt eine Procession heraus oder ist wie bei den Katholiken Hochamt gewesen, oder hat jeder Bewohner seine Kirchendienerin? Nein, das Alles nicht; es sind die Bewohner selbst in ihrem Sonntagsstaat, und vorzüglich die „Freiben“ (Frauen) und „Maichen“ (Mädchen), die diese Befürchtungen aufkommen ließen. Ein langer weißer Mantel, ganz nach Art eines Chormantels, in viele Falten am Hals gelegt, umschlingt die Gestalten dermaßen, daß nur die grünen und blauen Tuchschuhe mit Lederbesatz und großen silbernen und stählernen Schnallen, durch die meistentheils ein hellgrünes Band als Schleife gezogen ist, und die schwarzen Strümpfe eigentlich hervorsehen, denn auf dem Kopfe thront die Schnorrbätzen (Mütze) und verdeckt Haar und Hals. Diese Mütze besteht aus einer kleinen Haube von Pappe, die mit schwarzer Seide oder Atlas überzogen ist und in dergleichen Bänder ausläuft. Schneeweiße Spitzen (von deren gebrannter runder, welliger Form das „Schnorr“), die zur Seite wie ein geöffnetes Scheuerthor in die Welt hinausstehen und oben auf der Stirne in eine Schneppe zusammenlaufen, umfassen die Kante der Haube. Zwischen diesen Schnorrbätzen hindurch windet sich noch ein anderer Kopfputz bei sonst gleicher Kleidung. Es ist der Spitzen-, auch Duten-Heit (Hut) einer Gevatterin. Ein Posamentirladen hat da sicher seinen ganzen Spitzenvorrath hergeben müssen, um dieses Kunstwerk der Mode auszustaffiren! Der Hut besteht aus dem einfachen Dutenhut, aber bis in’s Unendliche mit zierlichen Spitzen in den verschiedensten Formen umwunden. Leider konnte ich hiervon keine Zeichnung machen, indem diese Kopfbedeckung nur äußerst selten bei besondern festlichen Tauffällen vorkommt, und dann allemal erst zwei Tage vorher (so viel Zeit erfordert sie nämlich bei einer geschickten Putzmacherin nach Aussage einer Vogteier Frau) angefertigt, und nach Beendigung des Festes gleich wieder zerlegt wird.

Gravitätisch schreitet der Mann oder Bursche einher; ein langer, enganliegender, kurztailliger grüner oder blauer Ueberrock mit blanken Knöpfen, die dicht aneinander in zwei Reihen aufgenäht sind und mit einem stehkragenähnlichen Kragen umschließt seine Gestalt; lederne gelbliche Beinkleider reichen bis zum Knie und sind hier mit langen schmalen Riemen zusammengebunden, so daß aber noch eine Menge davon zum Herumbummeln übrig bleibt. Enge Halbstiefeln umfassen das wadenlose Bein und lassen die grauweißen Strümpfe ein Stückchen hervorsehen. Der Kopf erhebt sich zwischen dem über den Rockkragen hervorragenden, mit meist dunkel buntem Tuche unterbundenen gesteppten weißen Hemdkragen, stolz die Lampe, einen Dreimaster von ungeheuren Dimensionen, balancirend. Alte Leute kommen mit dem Stoab (Stab) angewankt, und besteht dieser aus einem Stück Latte von Zweidrittel Höhe des Trägers.

Aus der Zeitschrift DIE GARTENLAUBE,  Heft 25, 1857


Grüße an die Mitwirkenden der Festschrift: 800 Jahre Ersterwähnung Niederdorlas

Tief aus meinem Herzen geschrieben als einer von zwei Redakteuren und einer der Autoren der Festschrift zur 800-jährigen Ersterwähnung Niederdorlas, meines Heimatdorfes Niederdorla. 

Ensemble Fickentor, Kirche, Anger-Zugang. 

Körper und Stimme leiht die Schrift dem stummen Gedanken,
Durch der Jahrhunderte Strom trägt ihn das redende Blatt."

_Friedrich Schiller

Liebe Autorinnen und Autoren,
Liebe Unterstützer der Festschrift zur 800-jährigen Ersterwähnung Niederdorlas,

ich sitze gerade unter anderem an den Grußworten, die ich entwerfen soll, kann, darf. Dabei muss ich mir vergegenwärtigen, was ich an unserer Festschrift zum Grüßen finde.

Zuerst und vor allem haben die Autorinnen und Autoren, Fotografen und Sammler und der Layouter einen herzlichen Gruß verdient. Ihr habt unglaublich viel geleistet und alles nebenbei und nebenher. Hut ab und: Donnerwetter.
 
Ein extra Gruß geht an Günter Baumgart, der wunderschöne Grafiken und Zeichnungen beigesteuert hat.
 
Ein weiterer Gruß soll gesendet werden an die Menschen, die sich an meinen Interviews beteiligt haben, auf Fotos zu sehen sind, Fotos spendierten und/oder sich durch Rat und Tat einbrachten.

Dann soll ein Dank gesendet werden an die Sponsoren, ohne die es die Festschrift als Buch nicht geben würde. Nach den Erfahrungen mit der Fertigung der Festschrift des NCC, weiß ich: Unsere Festschrift wird auch als Buch an sich etwas her machen, was seinesgleichen suchen kann, aber nicht finden wird. Philipp Unger wird wieder ein Schmuckstück schaffen.

Nun zu den inneren Werten der Festschrift: Es gab und gibt eine Unschärfe darüber, ob die Festschrift eine Chronik sei oder was gemeint sei, wenn ich immer wieder gesagt habe, die Festschrift wird ein buntes Mosaik von Themen aus Geschichte und Gegenwart, die in Niederdorla wichtig sind.

Das reißt drei Themen an, dazu drei Aussagen:

Erstens, unsere Festschrift wird auch eine Chronik sein. Sie beginnt in der Steinzeit und endet in der Gegenwart. Über jede Epoche wird berichtet. Ja, unsere Festschrift ist eine Chronik.

Zweitens, unsere Festschrift ist viele mehr als eine Chronik. Viele Autorinnen und Autoren schrieben über ihre Themen, Vereine und Interessen.

Wichtig dabei: Die Schreibenden brachten ihre eigenen Erfahrungen und Sichtweisen ein. Typische Historiker versuchen sachlich zu schreiben, was nie gelingt, nicht gelingen kann, weil sie eben Menschen sind, selbst Automaten sind typisch. Unsere Schreibenden brauchten sich nicht zu verstecken. Sie dürfen sich offen zeigen und persönlich sein. Das macht unsere Festschrift einmalig, kostbar und unvergleichlich. Mir fehlen die Worte. Wie will ich Gänsehaut beschreiben, innere Bewegung und Stolz auf unsere Festschrift und damit auch auf Niederdorla, Stolz auf die Einmaligkeit von Festschrift und Dorf. Ich danke allen Autorinnen und Autoren. Mir fehlen die Worte, manchmal finde ich keine.

Drittens: Da Vollkommenheit selbst den lieben Gott anstrengt, können auch Mängel gefunden werden an unserer Festschrift, wenn man meckern will und einige werden es wollen: Wir, die Schreibenden, konnten nicht über ALLES und JEDEN schreiben. Günter Schlaffke und ich haben versucht, möglichst viel in die Festschrift zu packen.

Es konnte nicht gelingen, alles und jeden auftauchen zu lassen. Wir retten uns in drei Erkenntnisse: „Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“ und „Man kann suchen, was man nicht hat, und sich ärgern. Man kann aber auch finden, was man hat, und sich darüber freuen“. Der begnadete Schauspieler Jack Lemmon („Manche mögen´s heiß“) sagte: „Es gibt kein Rezept für Erfolg, nur ein Rezept für Misserfolg: Es allen recht machen zu wollen.“

Die Texte unserer Festschrift zeigen: Es ist doch viel schöner, Geschichte durch Menschen zu erfahren, als durch unpersönliche Akten. Das schafft unsere Festschrift.

Was bleibt zu schreiben? Inspiriert wurde die Idee unserer Festschrift von den beiden Sendungen „Unser Dorf hat Wochenende“, bei den Niederdorlaer ihr Tun und Machen vorstellen durften und damit unser Dorf zeigten. Deshalb Grüße an Jana Herold und die vier Teams vom MDR.

Kirchenvater Augustinus sagte: „In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst. Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen.“
In allen Texten unserer Festschrift lodert die Liebe zu Niederdorla und seinen Menschen, von der Steinzeit bis heute. Unsere Festschrift wird das in die Zukunft tragen. Sie ist ein Leuchtfeuer, das bleibt.

Ich bin dankbar, dabei gewesen zu sein.
Michael Zeng
Redakteur der Festschrift 

www.NiederdorlaER.de