Uralt doch immer wieder jung und schön: Das dritte große Platzmeistertreffen in Niederdorla

Ein Mühlhäuser Gymnasiallehrer sagte mir: „In Niederdorla ist es immer so schön, da freuen sich alle auf die Feste, die Jungen und die Alten.“

Die freuen sich nicht nur zusammen, die feiern auch zusammen. Denn sie wissen, Alt und Jung sind verbunden durch ihr Dorf und durch alte Traditionen. So ist die „Rechnung“ zu Pfingsten und zu Kirmes uralt und zugleich immer wieder jung. Und weil immer wieder junge Frauen mitmachen, ist die Rechnung auch noch ewig schön.

Gelebt wurde all das wieder zum dritten Großen Platzmeistertreffen in Niederdorla zu Pfingsten 2023, dem Jahr, in dem Niederdorla vor 800 Jahren erstmals schriftlich erwähnt wurde. 

Zum großen Umzug der Platzmeister und Ehrendamen Pfingstsonntag, dem 28. Mai, marschierten 52 ehemalige Platzmeister mit ihren Ehrendamen vom Mühltor bis zum Anger. Das älteste Paar waren Bernhard Muder und Ehefrau Brigitte. Beide leiteten 1958 die Rechnung.
Richard Görmar und Henrik Laun waren die diesjährigen Platzmeister. Sie führten mit ihren Ehrendamen Vanessa von den Eicken und Aileen Heiligers in diesem Jahr 14 Rechnungspaare am Schluss des Umzugs. In Niederdorla waren es mehr Burschen als Mädchen. In den beiden anderen Vogteidörfern sind es immer mehr Frauen, erzählt man sich.

Das Platzmeisterpaar der Kinderrechnung 2023 waren Felix Abe und Klara Stollberg. 
Der älteste Burschen-Platzmeister Günter Schill amtierte 1957. Er war beim Umzug nicht mit dabei, aber viele dachten an Günter. Er wurde mehrfach öffentlich erwähnt. Der zweitälteste Platzmeister war Hans-Martin Laun.

Das Platzmeistertreffen begann am Pfingstfreitag mit einem Kommersabend. Hannes Hochheim und Eberhard Schill erinnerten an die Geschichte der Platzmeistertreffen:

Das erste fand 2008 statt. Damals gab es keine aktive Rechnung. „Das hat gewurmt“, erinnerte sich Eberhard. Da taten sich aktive Leute im Dorf zusammen und organisierten ein Platzmeistertreffen mit Gastronomie auf dem Anger. Eine so große Präsenz von Geschichte und Gegenwart brachte die Rechnung für die Zukunft wieder in Schwung. 2011 waren es wieder sieben Paare zur Rechnung. Und auch die Idee der Platzmeistertreffen war in der Welt. Im Jahr 2018 folgte das nächste Treffen in Niederdorla.

Die Platzmeister und Ehrendamen des Neuanfangs 2011 waren Patrick Halfpap mit Ehrendame Julia Hartung sowie André Martin mit Ehrendame Anika Pohl.

Und noch etwas kam in Schwung: Die Rechnung wird immer mehr eine Sache des ganzen Dorfes. So halfen in diesem Jahr viele Handwerker und Interessierte aus dem Dorf mit, die Toiletten auf dem Anger fertig zu bekommen. Pfingsten als Ziel wurde erreicht. Alle beteiligten Handwerker wurden auf dem Anger genannt. Es gab großen Applaus. 

Vielleicht beginnt nun ein weiterer Schritt der Verbindung von Rechnung und Dorf, wegen dem unglücklichen und doch glücklichen Aufstellen der Mega-Maie. Sie war ursprünglich 26 Meter hoch. Vielleicht wird das Aufstellen der Maie künftig eine Sache des ganzen Dorfes. So hat es diesmal geklappt und so kann es künftig klappen. Gerade weil sich die Rechnung entwickelt und anpasst, bleibt sie immer jung und eine Angelegenheit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wegen des Platzmeistertreffens waren auch die Alten und viele ehemalige Platzmeister mit im Wald, insgesamt saßen 60 Männer auf den Kremsern.
Zum Kommersabend war das Holen und Aufstellen der Maie noch Zukunft. Es ging um Gegenwart und Vergangenheit. I-evelise (Eberhard Schill) und Kamerten (Hartmut Götz) verlasen die Kirmespredigt von 1974. Ereignisse waren: Der Plan am Stausee einen FKK-Strand einzurichten, das Fußballspiel DDR gegen „Bonn“ mit gemeinsamem Fernsehkucken in der Schenke, die „wackelte“. Und ein Mann wollte lieber in die Kneipe, statt Kirschen zu pflücken, also sägte er den Baum um. Auch wurde sich 1974 bereits über Heyerode amüsiert. Geschrieben hatten die Predigt Inge Götz und Heidi Muder.

Als nächstes kam der Stargast aus Langula: Gerd Gräbedünkel als ewiger Kamerten. Er kündigte sich selbst an als „Gelegenheit, einen echten Klingelarsch zu sehen“. Das brachte ihm den ersten Applaus. Staunend lernten die Frösche: Der beste Liebhaber aller Zeit sei Ötzi. Der sei 5000 Jahre in der Spalte gewesen und immer noch hart. Es folgte unter anderem die rhetorische Frage, was Jesus und Casanova unterscheide? „Der Gesichtsausdruck beim Nageln“, antwortete das lyrische Ich aus Langula. 

Nun kamen I-evelise als Oliver Laufer und Hannes Hochheim als Kamerten. Sie tauschten sich aus über die 800-Jahrfeier und die Geschichte Niederdorlas: “Mey sulln verkinde, ej sullts olle hiere: dos schinnste Dorf uff Arden derf Geburtsdoag gefiere!”

Außerdem waren I-evelise Laufer und Kamerten Hochheim mit den drei Vogteiern in Wien. 

Die drei Vogteier, die 1785/86 nach Wien liefen, waren Simon Breitbarth aus Oberdorla als Leiter der Vogteier Bittgesandtschaft, Johann Adam Herbst aus Niederdorla und Andreas Winterberg aus Langula. Die drei wollten den Kaiser bitten, ihre Belastungen, Steuern, Abgaben usw. zu senken. Pfingsten 2023 wurde das Geheimnis gelüftet: I-evelise und Kamerten waren mit dabei. Donnerwetter!

Patrick Halfpap, Florian Schneegaß wurden ausgezeichnet, weil beide jeweils drei Mal Platzmeister waren. Sie durften drei der großen Buttons tragen, die an die ehemaligen Platzmeister verliehen wurden, je Amtszeit. 

Den schönen Abschluss des Abends bekamen Viola Koppe und Uwe Kleinschmidt. Das Geschwisterpaar gaben I-evelise und Kamerten von 2003: Das lustigste Ereignis: Ein Niederdorlaer Geschäftsmann fuhr aus Versehen eine Woche zu früh in den Urlaub. 

Einen schönen Urlaub wünscht auch der Autor dieses Textes allen Leserinnen und Lesern.

Von Hannes Hochheim soll ausgerichtet werden: “Die Gruppenbilder vom Sonntag sowie Bilder vom Festumzug hängen im Schaufenster der Bäckerei-Filiale Henning in Niederdorla aus und können auf Wunsch bestellt werden. Alle Informationen dazu sind ebenfalls im Schaufenster ersichtlich.”

Michael Zeng
NiederdorlaER.de